„Romeo und Julia – reloaded“

Shakespeare – neu geladen
Theaterprojekt der 8. Klassen mit „Romeo und Julia – reloaded“

Linda liebt Patrick, Patrick liebt Julia und Julia aber nicht Patrick, dafür Romeo. Das Leben kann so einfach sein… In Verona gab es einst ein Hauen und Stechen zwischen den Capulets und Montagues und ganz viele Tote, darunter auch das berühmteste Liebespaar der Weltliteratur. Fast ein halbes Jahrtausend später, die Liebe hört nimmer auf, kam es erneut zum Stress, diesmal in New Yorks West Side. Die Leidtragenden hießen diesmal Tony und Maria, aber sie erleiden genau das gleiche Schicksal ihrer Vorgänger. Ja, und dann schaffte es 1997 der legendäre Film mit Leonardo DiCaprio und Claire Danes in die bundesdeutschen Kinos. Die Taschentücher reichten damals kaum aus, die Tränen der schluchzenden Mädchen zu stillen… Seitdem wollen alle Mädchen „Julia“ sein und ihren „Romeo“ bekommen und behalten, aber einen möglichst lebendigen. Genau das ist am Abend des 27. Januar 2018 im Ev. Gymnasium Hermannswerder gelungen. Dabei sah es zunächst gar nicht nach Happy-End aus, vielmehr hallten schaurige Töne durch die ehrwürdige, in Schwarz-Licht getauchte Aula: „Krieg – Hass – Rache!“ Von Beginn an ging es in der frischen und erstaunlich selbstbewussten Inszenierung gar lebendig zur Sache, mal wurde der Zuschauer ins antike Verona geschickt, mal saß er im Klassen- oder Lehrerzimmer des Gymnasiums, wo die Fetzen flogen, ja, auch zwischen den Schülern und Kollegen. Kompetenzstreitigkeiten und ein regelrechter „Zickenkrieg“ sorgten für Abwechslung und eine defekte Kaffeemaschine für ungeteilte Heiterkeit. Ja, aber es gab auch wundervolle Momente der Ruhe und stillen Einkehr, von Pater Lorenz gar köstlich zelebriert und von allen Beteiligten mimisch und gestisch wunderbar parodiert. Bravo! Das zweite Bravo geht unbedingt an Musik und Tanz! Da stimmte eigentlich alles, sängerisch, instrumental und kompositorisch! Dazu kam eine beeindruckende Choreographie, die in ihrer Professionalität verblüffte.

Nicht ganz so stimmig wirkte der konstruierte Widerspruch zwischen „Gymnasium“ und „Realschule“. Auch so mancher Dialog am Dönerstand kam etwas hölzern und klischeehaft daher. Zudem blieb der rote Handlungsfaden an einigen Stellen etwas nebulös. Nicht ganz klar war, welcher Freund von wem zusammengeschlagen worden ist, fast zu Tode gekommen bzw. ertrunken wäre. Aber dies beeinträchtigte den fulminanten Gesamteindruck keineswegs, denn zwei volle Stunden waren da vor, auf und hinter der Bühne Könner am Wirken, die sich mit Liebe und Leidenschaft um ein wirklich gutes Schultheater bemüht haben. An dessen Spitze stand ein Regie- bzw. Projektteam, das sein künstlerisches Handwerk absolut versteht: Ulrike Rüss, Katja Tront und Andy Schulte vom Offenen Kunstverein Potsdam e. V. (OKEV) und Gesche Siebke von der Fachhochschule Clara Hoffbauer Potsdam (FHCHP). Sie alle haben Shakespeare neu geladen, sich dabei aber nicht verhoben.

Text und Fotos Andreas Flämig