THE CIRCLE auf Hermannswerder

„The Circle“, frei nach Motiven des gleichnamigen Romans von Dave Eggers (*1970) wurde von dem DS-Kurs 12/1 unter Leitung von Hans Weber überzeugend in Szene gesetzt. Das grellrote „C“ ist zu finden auf allen Beamern, Laptops, Oberkörpern und Kaffeetassen. Die Protagonisten verstehen ihren Auftrag: Angst machen, Angst vor totaler Kontrolle und medialer Vereinnahmung und dabei permanent lächeln, lächeln, lächeln. Es gibt keine Bücher mehr, nur noch gefakte. Es gibt keine U.S.-Präsidenten mehr, nur noch Trumps, und es gibt keine privaten Kajak-Ausflüge mehr, sondern nur noch die totale Kontrolle und Unterwerfung in ein System der persönlichen Selbstaufgabe mit dem omnipotenten Freitagabendgebet, auch „Dream Friday“ genannt, wo man sich nackig zu machen hat. Früher nannte man das „Faschismus“, später „Die Welle“, heute „The Circle“. Dabeisein ist alles, Mitmachen ist alles, im Strom mitschwimmen ist alles. Küsschen rechts, Küsschen links, ach, wie war dein Wochenende, sicherlich schön, meins auch. Wir sind eine Selbsthilfegruppe, wir machen Yoga, wir finden uns alle nett, wir umarmen uns zu Tode.

Im Programmheft stellen die Macher von 12/1 eine hochinteressante Frage: Was unterscheidet einen persönlichen digitalen Freund von einem menschlichen? Der digitale ist rund um die Uhr für dich da, immer auf deiner Seite, immer deiner Meinung, und er nervt dich nie mit seinen Problemen, desgleichen betrügt er dich nie mit deinem Partner/deiner Partnerin. Beim menschlichen Freund kann genau das Gegenteil eintreten. Alles in allem soll wohl die digitalisierte Glückseligkeit ohne alle Widersprüche das Paradies sein. Doch in Wirklichkeit ist es die Hölle, voller Langeweile, weil ohne Individualität.
Die Weber-Truppe bringt das engagiert auf den berühmten Punkt. Der gerät wirklich zum „Hammer“ im besten Sinne, weil alle Mitwirkenden schauspielerisch überzeugend die Falschheit und Gefährlichkeit dieses menschenverachtendenden Systems zu zirkeln verstehen. Das macht wirklich Angst! Nicht immer spielte in der Inszenierung die (digitale) Technik mit. Aber das war gut so. Mensch ist Mensch.

Text und Foto Andreas Flämig