Convoi 77 -Die Geschichte einer jüdischen Familie

An „Convoi 77“ in Frankreich arbeitet  Ida Richter, eine ehemalige Hermannswerderaner Schülerin. Bei einer Vorstellung des Projekts im Leistungskurs Religion konnte sie die Schüler*innen für eine Mitarbeit begeistern. Sophie V. und Marlene W. berichten über ihre Suche nach Spuren einer jüdischen Babelsberger Familie.

„Convoi 77“ ist ein europäisches Projekt, das die Lebensgeschichten der 1321 Menschen sammelt, die auf dem letzten großen Transport, dem Convoi 77, im Nationalsozialismus von Drancy nach Auschwitz ins Konzentrationslager deportiert und dort umgebracht wurden. Ida schlug uns vor, für das Projekt die Biographien eines jüdischen Ehepaars, das in Babelsberg gelebt hatte, herauszufinden. Es bildeten sich zwei Gruppen, die in den folgenden Monaten die Lebenswege von Alice und Hugo Herzer recherchierten.

Unsere Gruppe nahm sich vor, etwas über das Leben von Hugo Herzer zu erfahren. Aber wo fängt man da an? Die Google- Suche ergab, wie wir uns schon hätten denken können, nicht viel, und wir landeten anfangs das eine oder andere Mal wortwörtlich in einer Sackgasse -zum Beispiel bei der nichtexistenten Hausnummer 32 der Kronenstraße in Berlin. Auf zahlreiche Mails, die wir, auf Tipp von Ida, an Erinnerungsstätten, Archive und Museen schickten, kamen dann doch ein paar hilfreiche Antworten. Wir hatten die Möglichkeit, in mehreren Archiven Originaldokumente zu sichten, und hier wurde unsere Suche dann auch ergiebiger. Wir hielten Rechnungen, Packlisten und Briefe in unseren Händen. Es überraschte uns, wie viele persönliche Infmationen erhalten waren und uns anvertraut wurden. Als wir im September auf Studienfahrt in Israel waren, machten wir im Rahmen des Yad Vashem Ausfluges einen kleinen Abstecher in das dortige Archiv und stießen dort auf eine Kopie der Deportationsscheine von Hugo und Alice Herzer.  Es kamen zwar einige Informationen zusammen, aber es blieb auch vieles ungewiss, besonders hätten wir uns gewünscht, Bildmaterial der Familie zu finden. Insgesamt war es für uns alle spannend, an diesem Projekt teilzunehmen und einen Einblick zu bekommen, wie Recherchearbeit funktioniert. Die Biographien, die nun entstanden sind, werden auf der Seite des Projektes veröffentlicht werden, wo auch schon viele Texte, die von weiteren Schicksalen berichten, zu finden sind.
Das Grauen der Verbrechen des Nationalsozialismus und dessen unfassbare Unmenschlichkeit wurden uns noch einmal auf eine ganz andere Weise bewusst, indem wir einem dieser unzähligen Opfer näher kamen und etwas über sein Leben und seine Familie herausfanden. Besonders entsetzte uns die bürokratische Kälte und Genauigkeit der nationalsozialistischen Dokumente. 

Text: Sophie Vandrey, Marlene Wessel