Dem Leben auf der Spur…

Wo große Wissenschaft ihren Auftritt hat

Exkursion zum Berliner Medizinhistorischen Museum

Es ist der 20. Dezember 2023, vorüberziehende Wolken gestalten kunstvoll den Himmel und wir, die Schüler des Grund- und Leistungskurses Biologie von Frau Grabow, machen uns auf den Weg nach Berlin. Unser Ziel ist die Charité, eine Institution, die als Vorreiter im Bereich medizinischer Forschung und Ausbildung bekannt ist. Mitte des 19. Jahrhunderts startete der Arzt Rudolf Virchow eine wegweisende Initiative. Er sammelte Präparate von Geweben und Organen, um seinen Studenten, Ärzten und der Öffentlichkeit Krankheiten zu veranschaulichen.

DAS GEHT UNTER DIE HAUT

Und da sind wir auch schon an unserem Ziel, das wir durch die Augen der Wissenschaftler unter die Lupe nehmen werden. Wir beginnen unseren Streifzug durch 300 Jahre Medizingeschichte. Vorsichtig erforschen wir die oberen Etagen, in denen sich Medizingeschichte, ein historischer Krankensaal und die Präparate-Sammlung befinden. In der Dauerausstellung „Dem Leben auf der Spur“ begegnen uns verformte Skelette, fehlgebildete Schädel, in Formalin konservierte Organe sowie erkrankte Ungeborene.

In Ehrfurcht verharren wir vor den Glasvitrinen, die eine Sammlung von Präparaten des menschlichen Körpers beherbergen. Hier erwacht Medizingeschichte zum Leben. In den Blicken der Betrachter spiegeln sich nicht nur Faszination, sondern auch der eine oder andere Schrecken wider. Jede Glasvitrine präsentiert einzigartige Einblicke in verschiedene Organe und Körperteile. Wie sieht ein Herz mit einem Umgehungskreislauf aus? Wie entsteht Krebs? Wie sehen Nierensteine aus? Und wie entsteht ein Gehirntumor? Diese und viele weitere Fragen finden in der Ausstellung ihre Antwort.

Auf der Reise durch die Medizingeschichte erfahren wir, wie Seuchen und die Einführung hygienischer Maßnahmen Einfluss auf die Entwicklung der Charité nehmen. Von der Pest im Jahre 1710 über die Cholera im 19. Jahrhundert bis schließlich zu COVID-19 in unseren Tagen. Da stehen wir plötzlich mittendrin, in einer Zeit, die auch wir persönlich erfahren haben. Diese Aktualität lässt uns kurzzeitig die Luft anhalten, denn in diesem Moment sind wir Teil der Geschichte. Still, aber eindrücklich begleitet uns die Zeit bis heute mit all ihren Kurven, Umwegen und bahnbrechenden Erkenntnissen. Als wir den historischen Krankensaal betreten, werden wir sofort in eine andere Zeit versetzt. Die ersten Instrumente, klobig und unförmig, erwecken unser Mitgefühl für die Patienten von damals. Die Ausstellung präsentiert auch die technischen Fortschritte. Beeindruckt, aber auch mit Respekt betrachten wir den Gebärstuhl und das historische Krankenbett. Besonders bedrückend wirkt die Eiserne Lunge, die ab 1928 lebensrettend bei Menschen mit Kinderlähmung eingesetzt wird.  In diesem Moment sind wir sehr froh, fast 100 Jahre später geboren worden zu sein.

SCHATTEN DER GESCHICHTE

Die Charité durchlebt seit Rudolf Virchow eine wechselvolle Geschichte und ist ein Ort, wo Wissenschaft, Lehre, Krankenversorgung und humanistische Ideale ein zu Hause finden. Aber auch der Nationalsozialismus hat seine Spuren hinterlassen. Während dieser bedrückenden Zeit werden Menschen aus der Charité ausgegrenzt, vertrieben oder sogar ermordet. Ein Blick auf ihre Schicksale wirft ein bedeutsames Licht auf die dunklen Jahre der Institution und erinnert uns daran, dass auch in den heilenden Hallen des Krankenhauses das menschliche Leiden während jener Zeit nicht verschont bleibt. 

STEINE ERZÄHLEN

Bevor wir die Sonderausstellung besuchen, machen wir einen kleinen Zwischenstopp in der geschichtsträchtigen Hörsaalruine, in der heute Empfänge, Vorträge und Workshops stattfinden. Er ist uns vertraut, der rote Backstein, der das Gesicht der alten Charité und das unserer Schule prägt.

DIE SACHE MIT DEM SCHALTPLAN

Unser letzter Halt führt uns zur Sonderausstellung „Das Gehirn“. Die vielfältigen Eindrücke der Ausstellung wirbeln in unseren Köpfen herum. Leise schleichen sich Zweifel ein, ob wir die vielen Informationen noch ausreichend verpacken und speichern können. Doch beim Eintritt in diesen Raum eröffnet sich uns eine weitere Welt. Hier verschmelzen Kunst, Kulturgeschichte und Wissenschaft in einer faszinierenden Einheit, bei der das Gehirn im Mittelpunkt steht. Man will uns zeigen, was wir alle im Kopf tragen, aber mit unserem Verstand noch nicht vollends erfassen können. Unser Gehirn, die Schaltzentrale, bleibt trotz wissenschaftlicher Fortschritte immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Forscher haben noch allerhand zu tun, um den verborgenen Code im Gehirn zu knacken und somit die Tür zu einem tieferen Verständnis unserer Zentrale des Denkens zu öffnen.

Text: Lotta Kurschat und Frida Hägele Jg. 11, Fotos: bmm-charite.de